So kam es zu den neuen Qualitätsindikatoren fürs Pflegeheim
Durch die anhaltende Kritik an den ausnahmslos guten Pflegenoten, wurde bereits 2015 beschlossen, das bestehende System zu reformieren. Schon die Prüfer des MDK, die die Kontrollen in den Pflegeheimen durchführten, hielten das alte Verfahren und die Darstellung in Form von Gesamtnoten für intransparent und nicht aussagekräftig. Um eine 1,0 zu erreichen, mussten lediglich Mindeststandards erreicht werden.
So wundert es nicht, dass der bundesdeutsche Durchschnitt bei 1,2 lag. So arbeiten Menschen aus der Wissenschaft zusammen mit Experten intensiv an der neuen indikatorengestützten Qualitätsprüfung, um sowohl für die stationäre Pflege im Altenheim als auch für die Tages- und Nachtpflege sowie für den Pflegedienst eine realistische Bewertung zu ermöglichen. Einbezogen wurden dabei auch die Meinungen von pflegebedürftigen Menschen selbst sowie von deren pflegenden Angehörigen, Leistungserbringern und Kostenträgern wie der Pflegekasse beziehungsweise Pflegeversicherung.
Wie sieht die neue Qualitätsprüfung der Pflegeheime aus?
Mit Bestnoten selbst für schlechte Pflege soll künftig Schluss sein. Die neuen Qualitätsindikatoren fürs Pflegeheim umfassen drei Bereiche:
- die Erhebung von Indikatorendaten durch die Pflegeeinrichtungen
- die Qualitätsprüfung durch den Medizinischen Dienst (MDK) bzw. den Prüfdienst der privaten Krankenversicherung (PKV-Prüfdienst)
- die Qualitätsdarstellung, also die Veröffentlichung von Indikatorenergebnissen, ausgewählten Prüfergebnissen des Medizinischen Dienstes und Angaben der Pflegeeinrichtungen zu ihrer Struktur für die Verbraucherinnen und Verbraucher
Die Prüfergebnisse werden in einer kompakten Übersicht dargestellt, die zusätzlich noch einen Vergleich zur vorangegangenen Prüfung enthält.
Was ändert sich durch die indikatorengestützte Qualitätsprüfung?

Die Versorgung der Heimbewohner rückt mit dem der neuen Qualitätsprüfung mehr in den Fokus. Nun rückt die Versorgungsqualität in den Mittelpunkt: Ausschlaggebend ist, ob der jeweilige Pflegebedürftige seinem individuellen Bedarf und seinen individuellen Bedürfnissen entsprechend versorgt wird. Die umstrittenen Pflegenoten wurden abgeschafft und durch eine ausführliche Darstellung der Qualität ersetzt.
Welche Daten müssen Pflegeheime für die Qualitätsüberprüfung übermitteln?
Die Pflegeheime erfassen halbjährlich ihre Versorgungsergebnisse, aus denen 12 sogenannte Ergebnisindikatoren gebildet werden, um die Qualität der Pflege zu bewerten. Diese 12 Ergebnisindikatoren sind:
- Allgemeine Informationen über die Einrichtung / externe Dienstleistungen
- Ausstattung
- Spezialisierung / Versorgungsschwerpunkte
- Möglichkeiten des Kennenlernens der Einrichtung
- Gruppenangebote
- Religiöse Angebote
- Einbeziehung von Angehörigen
- Kontakte der Einrichtung zum sozialen Umfeld / Quartier
- Personelle Ausstattung (im Bereich Pflege und Betreuung)
- Kooperationsvereinbarungen
- Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase
- Zusätzliche kostenpflichtige Kooperationen
Unsere Pflegeberaterin empfiehlt:
„Erhalten Sie Pflegegeld? Dann denken Sie bitte daran, dass ab Pflegegrad 2 die halbjährliche Pflegeberatung gesetzlich vorgeschrieben ist.“
So wird unter anderem erfasst, wie mobil und selbstständig die Bewohner sind, wie viele Bewohner an Druckgeschwüren oder den Folgen von Stürzen leiden. Alle Informationen über die Pflegeeinrichtung werden von den Heimen selbst erstellt. Dabei sind strukturelle Einrichtungsinformationen freiwillige Angaben der Einrichtung. Selbst die personelle Ausstattung der Einrichtung (Punkt 9), wie viele Pflegekräfte in der Einrichtung beschäftigt oder wie diese ausgebildet sind, muss nicht verpflichtend dargestellt werden.
Die Ergebnisse der Pflegeheime werden dann an die Datenauswertungsstelle (DAS) übermittelt. Der ermittelte Durchschnittswert kann dabei von der Einrichtung noch kommentiert werden, denn es ist möglich, dass ein Versorgungsschwerpunkt auf zum Beispiel „Demenz“ dazu führt, dass die Einrichtung in manchen Bereichen (Sturz, Gewichtsverlust, Selbstständigkeit) schlechter abschneidet. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, sendet die Datenauswertungsstelle ebenfalls einen Bericht an den MDK (für die Qualitätsprüfung).
Wie werden die von den Pflegeheimen ermittelten Qualitätsindikatoren dargestellt?
Die Indikatoren werden mit dem bundesweit ermittelten Durchschnitt verglichen und jeweils anhand eines Fünf-Punkte-Systems dargestellt. Fünf Punkte bedeuten, dass das Ergebnis „weit über dem Durchschnitt“ liegt. Bei vier Punkten liegt es „leicht über dem Durchschnitt“, bei drei Punkten „nahe beim Durchschnitt“, bei zwei Punkten „leicht unter dem Durchschnitt“ und bei einem Punkt „weit unter dem Durchschnitt“.
Worauf achtet der Medizinische Dienst der Qualitätsprüfung der Pflegeheime?

Die externe Qualitätsprüfung wird, wie bisher auch, regelmäßig oder anlassbezogen durch ein Team von Prüfern des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) oder der PKV (Verband der privaten Krankenversicherung) durchgeführt. Solche externen Prüfungen werden einen Tag vorher angekündigt. In der Prüfung wird eine Stichprobe von neun Bewohnern geprüft.
Die Teilnahme ist freiwillig, die betroffenen Bewohner (oder Betreuer) müssen dazu ihre Einwilligung geben. Bei der Qualitätsprüfung in einem Pflegeheim geht es dem Medizinischen Dienst vor allem um eine gute Pflege und medizinische Betreuung. Wie gut werden die pflegebedürftigen Menschen tatsächlich gepflegt?
Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes bewerten sechs Qualitätsbereiche.
- Unterstützung bei der Mobilität und Selbstversorgung
- Unterstützung bei der Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen
- Unterstützung bei der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte
- Unterstützung in besonderen Bedarfs- und Versorgungssituationen
- Bedarfsübergreifende fachliche Anforderungen
- Einrichtungsinterne Organisation und Qualitätsmanagement
So fließen zum Beispiel folgende Fragen mit in die Bewertung ein:
- Wie wird im Einzelfall Wundliegen (Dekubitus) oder Stürzen vorgebeugt?
- Wie werden Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden oder mit Schmerzen versorgt?
- Werden die vom Arzt verordneten Medikamente gegeben?
- Wissen alle Bescheid, wenn ein pflegebedürftiger Mensch etwas nicht essen oder trinken darf?
- Erhalten Bewohnerinnen und Bewohner mit Demenz ein Betreuungsangebot, das zu ihnen passt?
- Wie werden Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer Mobilität unterstützt?
- Wie werden Bewohnerinnen und Bewohner bei der Strukturierung des Tages und der Pflege ihrer sozialen Kontakte unterstützt?
Darüber hinaus überprüfen die geschulten MDK Gutachterinnen und Gutachter die von der Einrichtung erhobenen Ergebniskriterien mittels Stichprobe auf Korrektheit. Dadurch sollen Falschangaben bei der Datenerhebung durch die Einrichtungen verhindert werden. Die Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes kontrollieren aber nicht nur, sondern weisen die Einrichtungen auch gezielt auf Probleme hin und machen Verbesserungs- oder Lösungsvorschläge.
Wie werden die Ergebnisse der MDK-Kontrollen dargestellt?
Die Bewertung durch externe Prüfer wird anhand eines Vier-Punkte-Systems dargestellt. Bei vier Punkten liegen „keine oder geringe Qualitätsdefizite“ vor, bei drei Punkten sind es „moderate Qualitätsdefizite“, bei zwei Punkten „erhebliche Qualitätsdefizite“ und bei nur einem Punkt werden „schwerwiegende Qualitätsdefizite“ attestiert.
Was passiert, wenn bei der Qualitätsprüfung Mängel festgestellt werden?

Ein Qualitätsdefizit liegt vor, wenn für den Bewohner ein Risiko oder sogar eine negative Folge entstehen würde. Daraufhin fordern die Landesverbände der Pflegekassen Verbesserungsmaßnahmen ein. Nach einer Frist kann eine Wiederholungsprüfung durchgeführt werden. Darin wird geklärt, ob das Heim oder der Dienst die geforderten Maßnahmen geändert hat.
Werden Mängel nicht beseitigt, so stehen den Landesverbänden der Pflegekassen verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. So können Vergütungen gekürzt werden. In schwerwiegenden Fällen kann der Versorgungsvertrag mit der Pflegeeinrichtung gekündigt werden. Im Extremfall kann das Heim auch geschlossen werden.
Wo finde ich die Ergebnisse der Qualitätsprüfung?
Ab Frühjahr 2020 werden die Prüfergebnisse des neuen Prüfverfahrens für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet veröffentlicht. Erste Indikatorenergebnisse wird es voraussichtlich ab Mitte 2021 im Internet geben. Hier finden Sie die Informationen der Pflegekassen:
• AOK-Pflegeheimsuche: www.aok-pflegeheimnavigator.de
• Betriebskrankenkassen: www.bkk-pflegefinder.de
• Knappschaft-Bahn-See: www.der-pflegekompass.de/KBS
• Sozialversicherung Landwirtschaft/Forsten/Gartenbau: www.der-pflegekompass.de/svlfg
• Verband der Ersatzkassen: www.pflegelotse.de
Werden die neuen Qualitätsindikatoren endlich Klarheit über die Pflegequalität bringen?
Viele Pflegeexperten halten das neue System für einen Schritt in die richtige Richtung. Die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) kritisiert jedoch, dass die Bewertung der intern erhobenen Versorgungsergebnisse im Vergleich zum Durchschnitt aller Einrichtungen erfolgt. „Das bedeutet im Prinzip, dass bei einem niedrigen Durchschnittswert das beste Ergebnis immer noch bedeuten kann, dass es Fehler bei der Pflege gibt“, kritisiert die BIVA in einer Stellungnahme.