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Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3: Das müssen Sie über die verpflichtende Pflegeberatung wissen 

Ältere Frau mit Pflegegrad 2 spricht mit Pflegeberaterin über den Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 im eigenen Zuhause.

Wer zu Hause von einer Privatperson gepflegt wird, muss ab Pflegegrad 2 Beratungseinsätze in Anspruch nehmen. Sonst kann das Pflegegeld gestrichen oder gekürzt werden. Der § 37.3 schreibt viertel oder halbjährliche Pflegeberatungen vor. Was Sie dabei beachten sollten und was die Beratungen kosten, erfahren Sie in diesem Ratgeber.  

Das Wichtigste in Kürze 

  • Wer? Die Pflegeberatungen nach Paragraf 37.3 sind für alle ab Pflegegrad 2 verpflichtend, die zu Hause von einer Privatperson versorgt werden. Ansonsten kann das Pflegegeld gekürzt oder gestrichen werden.   
  • Warum? Die halb- oder vierteljährlichen Beratungseinsätze sollen die Qualität in der häuslichen Pflege sichern und die Angehörigen unterstützen, die meistens Laien sind.  
  • Wo? Die Beratungen finden häufig in der Wohnung des Pflegebedürftigen statt. Doch sie können auch telefonisch oder online durchgeführt werden. 
  • Wie viel? Die Kosten werden von der Pflegekasse oder von einer privaten Versicherung übernommen.  

Was ist der Beratungseinsatz oder die Pflegeberatung nach Paragraf 37.3? 

Die Pflegeberatung nach § 37.3 soll die Qualität in der häuslichen Pflege sichern und private Pflegepersonen unterstützen. Sie ist für alle verpflichtend, die zu Hause statt von einem Pflegedienst von Angehörigen gepflegt werden und deshalb Pflegegeld erhalten.  

Der Paragraf 37 Absatz 3 des 11. Sozialgesetzbuches (SGB XI) schreibt bei den Pflegegraden 2 bis 3 halbjährliche und bei den Pflegegraden 4 bis 5 vierteljährliche Pflegeberatungen vor – auch Beratungseinsatz oder Beratungsbesuch genannt. Werden diese nicht in Anspruch genommen, kann das Pflegegeld gekürzt oder im Wiederholungsfall gestrichen werden.  

Die Beratungen werden von einem Mitarbeitenden eines ambulanten Pflegedienstes oder anderen anerkannten Beratungsstellen in der Regel in der Wohnung des Pflegebedürftigen durchgeführt. Seit der Corona-Pandemie sind auch telefonische und Videoberatungen möglich. Die Kosten für die Beratungen übernimmt die Pflegekasse.  

Die Leistungen der Pflegeberatung im Überblick  

  • Die Beratungen steigern die Qualität der häuslichen Pflege. 
  • Sie bekommen wertvolle Tipps von Fachpersonen.  
  • Angehörige werden entlastet. 
  • Der Pflegegrad wird überprüft. 
  • So wird sichergestellt, dass Sie ausreichend Geld erhalten. 
  • Sie werden zu Hilfsmitteln und Wohnraumanpassungen beraten. 
  • Die Berater:innen stellen für Sie Anträge und regeln administrative Dinge. 
  • Sie müssen keine Angst vor Pflegegeld-Kürzungen haben.  
  • Die Kosten der Beratungen werden von der Pflegekasse oder von der privaten Versicherung übernommen. 

Schon gewusst? Pflege zu Hause boomt 

Fast 5,7 Millionen Pflegebedürftige wurden in Deutschland Ende 2023 gezählt. 86 Prozent davon wurden zu Hause versorgt. Entweder überwiegend durch pflegende Angehörige (67%) oder durch einen ambulanten Pflegedienst (19%).  

Mit dem Alter steigt das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Bei der Altersgruppe ab 90 Jahren betrug 2023 der Anteil an Pflegebedürftigen 87 Prozent. Bei den 70- bis 74-Jährigen waren hingegen nur 11 Prozent pflegebedürftig.  

Wer muss die Pflegeberatungen in Anspruch nehmen? 

Die Beratungspflicht besteht für folgende Personen:  

  • Pflegebedürftige, die zu Hause ausschließlich von Privatpersonen gepflegt werden und deshalb Pflegegeld erhalten. Private Pflegepersonen können nahe Angehörige, aber auch Nachbarn, Freunde oder Bekannte sein. Sie müssen bei der Pflegekasse eingetragen sein. In der Regel sind sie Laien und verfügen über keine pflegerische Ausbildung. 
  • Personen mit Pflegegrad 2 bis 5. 
  • Freiwillig ist die Pflegeberatung bei Pflegegrad 1. Auch wer Pflegegrad 2 hat, aber nur Sachleistungen bezieht, muss diese nicht in Anspruch nehmen. 

Tipp von Pflegeberaterin Simone: Beratung lohnt sich schon ab Pflegegrad 1!

Nicht viele Menschen mit Pflegegrad 1 nehmen die Pflegeberatungen in Anspruch, obwohl sie ein Recht darauf haben. Dabei sind diese sinnvoll, sagt Pflegeberaterin Simone: ”Bei den Beratungen kann man schauen, ob der Pflegegrad noch stimmt und gegebenenfalls einen höheren beantragen.” Denn zu viele Menschen haben jahrelang den Pflegegrad 1, obwohl sie Anspruch auf einen höheren Pflegegrad und infolgedessen auf mehr Geld hätten.  

Wie läuft die Pflegeberatung nach Paragraf 37.3 ab? 

Die Pflegeberatungen sind in der Regel dort, wo die Pflege stattfindet – also in der Wohnung oder im Haus des Pflegebedürftigen. Seit der Corona-Pandemie sind auch telefonische oder Online-Beratungen möglich. Diese Regelung gilt vorläufig noch bis zum 31. März 2027.  

Das rund 45 Minuten lange Gespräch führt eine Fachperson eines ambulanten Pflegedienstes oder einer anerkannten Beratungsstelle durch. Dabei können die Pflegebedürftigen und die pflegende Privatperson ihre Fragen stellen und unter anderem folgende Themen besprechen:  

  • Wie der Pflegebedürftige und die pflegenden Angehörigen die Pflege- und Betreuungssituation einschätzen.  
  • Ob es weitere Unterstützung oder Hilfsmittel braucht: etwa Notrufgeräte, einen Rollator oder Pflegekurse für Angehörige.   
  • Ob bauliche Veränderungen nötig sind, um die Wohnung barrierefreier zu gestalten. 
  • Ob der Pflegegrad erhalten oder eine Höherstufung beantragt werden soll. 
  • Mit welchen weiteren Stellen man sich vernetzen kann, um die Situation zu verbessern. 
  • Welche Anträge eingereicht werden müssen. 

Die Aufgaben der Pflegeberaterin oder des Pflegeberaters  

Auch die Pflegeberaterin schätzt die Situation aus ihrer Perspektive ein und überprüft, ob die Pflege zu Hause noch gesichert ist. Nach dem Beratungseinsatz füllt sie ein Formular aus, in dem sie die Ergebnisse des Gesprächs notiert. Dieses muss der Pflegebedürftige unterschreiben.  

Anschließend leitet die Beraterin das Formular an die Pflegekasse als Bestätigung weiter, dass das Gespräch stattgefunden hat. Die Pflegeberaterin füllt für Sie auch Anträge aus, die etwa für bestimmte Hilfsmittel oder eine Höherstufung des Pflegegrades benötigt werden, oder schafft Kontakte zu notwendigen Fachstellen.  

Nach dem Gespräch vereinbart sie gleich einen Termin für den nächsten Beratungseinsatz.  

  

Drei Fragen an Pflegeberaterin Simone 

Was ist für dich das Schöne an diesen Pflegeberatungen? 

Wer auf Pflege angewiesen ist, möchte gut beraten werden. Bei diesen Beratungen steht der Mensch im Vordergrund. Es ist spannend, sich jeden Tag auf neue Personen und Situationen einzustellen. Manchmal ist es gar nicht so leicht, herauszufinden, was jemand wirklich braucht. Man muss einfühlsam sein, damit sich die Menschen öffnen. Dann können wir gemeinsam eine optimale Lösung finden.

Wie gehst du bei deinen Pflegeberatungen vor? 

Noch bevor ich eine Wohnung betrete, schaue ich, wie gut die Infrastruktur in der Umgebung ist. Etwa, ob Ärzte oder Apotheken in der Nähe sind. Wichtige Hinweise sind auch, wie aufgeräumt die Wohnung ist, wie sich die Klienten zurechtgemacht haben und wie sie sich bewegen. Auch überprüfe ich die Wohnung auf ihre Barrierefreiheit. So weise ich etwa auf Stolperfallen hin und stelle Anträge für bauliche Maßnahmen. Im persönlichen Gespräch finde ich heraus, was die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen brauchen.

Was machst du, wenn jemand völlig verwahrlost ist? 

Sehr selten betrete ich Haushalte, die mich erschrecken. Dort ist der Pflegebedürftige mangelhaft versorgt. Dann bin ich verpflichtet, dies der Krankenkasse oder gar dem Versorgungsamt zu melden. Die allermeisten Angehörigen nehmen aber ihre Aufgabe ernst. Trotzdem sind sie oft überlastet und benötigen professionelle Unterstützung. Leider ist es nicht immer leicht, dafür einen ambulanten Pflegedienst zu finden.

Was passiert, wenn die Beratungen nicht wahrgenommen werden? 

Wer die Beratungsbesuche nicht fristgerecht wahrnimmt, muss mit weniger Pflegegeld rechnen. Laut Paragraf 37.6 SGB XI hat die Pflegekasse oder die private Versicherung das Pflegegeld “angemessen zu kürzen” und im „Wiederholungsfall zu entziehen“.  

In der Regel weist die Pflegekasse die Pflegebedürftigen brieflich auf die Beratungspflicht hin, wenn sie den Bescheid zur Einstufung oder zur Höherstufung des Pflegegrades mitteilt. Die Frist für die erste Pflegeberatung ist individuell. Ab dem zweiten Termin sollten aber Beratungseinsätze innerhalb einer festen Halbjahres- oder Quartalsfrist stattfinden. Folgende Tabelle gibt einen Überblick:   

 

Pflegegrad 
Häufigkeit des Beratungseinsatzes  
Zeitraum der Beratungen 
Pflegegrad 1 Freiwillig, 1-mal halbjährlich möglich keine 
Pflegegrade 2 und 3 1-mal pro Halbjahr  

01.01. – 30.06. 

01.07. – 31.12. 

Pflegegrade 4 und 5 1-mal pro Vierteljahr 01.01. – 31.03.
01.04. – 30.06.
01.07. – 30.09.
01.10. – 31.12.

Beratungstermin vergessen? 

Die Pflegekasse erinnert Sie nicht an die Beratungen nach Paragraf 37.3. Sinnvoll ist es deshalb, wenn Sie nach der Pflegeberatung gleich einen Termin für den nächsten Beratungseinsatz vereinbaren. Falls die Beratung trotzdem vergessen geht, melden Sie sich am besten so schnell wie möglich bei der Pflegekasse und bieten dort an, den Termin nachzuholen.  

Was kostet der Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3? 

Sie selber müssen für die Beratung nichts zahlen. Die Pflegekasse übernimmt die Kosten. Privatversicherte erhalten eine Rechnung, die sie sich von ihrer Kasse zurückerstatten lassen können.  

Die wichtigsten Fragen und Antworten 

Wer darf eine Pflegeberatung nach § 37.3 durchführen? 

Die Pflegebedürftigen dürfen ihren Pflegeberater selbst wählen. Wichtig ist aber, dass er die notwendigen Qualifikationen und Zulassungen hat. Folgende Personen dürfen die Beratungseinsätze durchführen:  

  • Qualifizierte Mitarbeitende eines zugelassenen Pflegedienstes  
  • Qualifizierte Pflegeberater einer anerkannten Beratungsstelle 
  • Von der Pflegekasse beauftragte Pflegekräfte, die nicht bei der Pflegekasse beschäftigt sind.  

Wie erkenne ich eine gute Pflegeberatung? 

Neben den oben beschriebenen Voraussetzungen gibt es u. a. folgende Punkte, um einen guten Pflegeberater zu erkennen.  

  • Er sollte nicht nur fachlich kompetent, sondern auch empathisch sein.  
  • Das Gespräch sollte auf Augenhöhe und respektvoll stattfinden.  
  • Die Selbstbestimmtheit des Pflegebedürftigen sollte im Zentrum stehen und seine Wünsche sollten so gut wie möglich umgesetzt werden. 
  • Der Pflegeberater sollte die Angehörigen befähigen, ihre Aufgaben so gut wie möglich wahrzunehmen und sie bei Anzeichen von Überlastung unterstützen.  
  • Der Pflegeberater sollte transparent informieren.  

Muss man Angst vor unangenehmen Fragen haben? 

Nein, eine gute Pflegeberatung ist kein Kontrolltermin. Vielmehr sollte er die bestmögliche Unterstützung bieten, damit die Pflege optimal gestaltet werden kann. Doch der Pflegeberater muss auch erkennen, wenn es zu Hause nicht mehr geht. Dann geht es darum, eine gute Lösung zu finden.  

Wer muss bei der Pflegeberatung anwesend sein? 

Neben einem qualifizierten Pflegeberater sollen der Pflegebedürftige sowie die privaten Pflegepersonen bei den Beratungen anwesend sein.  

Wie lange dauert der Beratungseinsatz? 

In der Regel dauert der Beratungseinsatz rund 45 Minuten – bei Bedarf aber auch kürzer oder länger. Ein guter Pflegeberater sollte sich genügend Zeit nehmen, um alle Fragen zu klären.  

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Redaktion Provita

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