Mit dem richtigen Haustier an ihrer Seite blühen Senioren auf. Vielen geht es gesundheitlich besser. Selbst die Forschung ist sich einig: Menschen, die mit einem Haustier leben, sind zufriedener. Wer sich jedoch die Verantwortung nicht mehr zutraut – für den gibt es Alternativen.
Ein Haustier für die gute Seele von Senioren
Der Schlüssel dreht sich im Schloss und die Tür geht auf. Sofort kommt der braun-weiße Parson-Terrier Urmel angelaufen und begrüßt sein Frauchen schwanzwedelnd. Die Streicheleinheiten tun beiden gut – dem Hund, aber auch seinem Frauchen: Der Blutdruck ist gesunken, auch seelisch fühlt sich die 84-Jährige wohler. Ein Beispiel, das zeigt, wie positiv Haustiere auf das Wohlbefinden von Menschen einwirken können. Das bestätigt auch Rolf-Joachim Schulz. „Menschen, die Kontakt zu Tieren haben, sind ausgeglichener und ruhiger“, sagt der Leiter des Lehrstuhls für Geriatrie an der Universität Köln. Haustiere können gerade für Senioren Freunde oder Seelentröster sein und manchmal sogar therapeutische Wirkung haben. So haben Hunde beispielsweise einen günstigen Einfluss auf mehrere Risikofaktoren für Herz und Kreislauf wie Übergewicht, Blutdruck, erhöhte Cholesterinwerte und Stress. Wenn sich ein Senior durch das Tier wohler fühlt, ist es durchaus vorstellbar, dass der Medikamentenverbrauch sinkt“, sagt Schulz.
Ein Haustier hilft Senioren beim Kontaktaufbau
Doch nicht nur der Körper profitiert von einem Tier im Haus, auch helfen Hund, Katze und Co. gegen Einsamkeit, die vielen Älteren zu schaffen macht. „Gerade durch Hunde kann man gut neue soziale Kontakte aufbauen“, sagt Carola Otterstedt, vom Bündnis Mensch und Tier. Ein geeignetes Haustier hilft Senioren dabei ihre Gesundheit und das Wohlbefinden zu fördern. Dies ist mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt: Danach wirkt allein die Anwesenheit eines Tieres im Raum blutdrucksenkend und stressreduzierend. Beim Spiel mit ihm wird gelacht, der Körper schüttet Endorphine aus und das Wohlbefinden steigt. So wie, wenn Hilde Schnax (91, Name von der Redaktion geändert) morgens mit ihrem Papagei in den Tagesclub der Kursana Residenz Hamburg kommt. Dann wirft Poldi erst einmal ein freundliches „Guten Morgen!“ in die Runde. Sobald die Gelbstirn-Amazone eine flotte Melodie pfeift oder laut keckernd lacht, zaubert sie ein Lächeln auf die Gesichter der demenziell erkrankten Bewohner. Aufmerksam verfolgen die Senioren jede Regung des Vogels und animieren ihn amüsiert zum Sprechen oder Pfeifen. Forscher der amerikanischen Universität Maryland haben herausgefunden, dass Menschen, die nicht alleine leben, zufriedener sind. Dabei sei es egal, ob man mit einem Partner oder einem Tier die Wohnung teile. „Ein Tier strukturiert den Alltag. Man muss sich um das Futter kümmern, das Tier bürsten, Käfige reinigen oder vor die Tür gehen“, sagt sie. Viele Ältere fühlten sich mit Tier auch nicht mehr so einsam.
Welches Haustier ist für Senioren am besten geeignet?
Also braucht Oma einfach nur einen Hund und ihr Tabletten Verbrauch sinkt? So einfach ist das aber nicht, warnen Experten. „Die Anschaffung eines Tieres muss sehr gut überlegt und geplant werden“, sagt Marius Tünte vom Deutschen Tierschutzbund. Welche Haustier für Senioren geeignet ist, soll wohl überlegt sein. Häufig haben Senioren die falsche Vorstellungen von der Haltung und sei dann im Alltag schnell überfordert. „Als Tierhalter übernimmt man Verantwortung“, sagt Tünte. Wer sich einen Welpen oder eine junge Katze ins Haus holt, sollte bedenken, dass die Tiere bis zu 15 Jahre alt werden können. Der Tierschützer rät, sich Zeit zu nehmen und einen Fragenkatalog zu erstellen. Welches Haustier soll es für den Senior sein? Kann man das Tier in der Wohnung halten? Wie viel Pflege braucht es und was sind die Kosten?
Welche Hunderasse ist für Senioren am besten geeignet?
Hunde für alte Menschen sind eine Bereicherung für den Lebensabend; sie leisten Gesellschaft, sind treue Freunde und sorgen für mehr Aktivität im Alltag. Dabei sind manche Hunderassen besser für Senioren geeignet als andere. Welpen sind zwar süß und es wird mit ihnen nie langweilig, aber sie müssen noch alles lernen, was ein braver Hund wissen muss. Von daher ist ein erwachsener Hund für alte Menschen oft die bessere Wahl, da er für gewöhnlich bereits stubenrein ist, die wichtigsten Kommandos beherrscht und in seiner Persönlichkeit gefestigt ist, sodass er kleine Inkonsequenzen bei der Erziehung leichter verzeiht. Doch welche Hunderasse passt am besten zu Senioren? Wenn Sie schon immer eine bestimmte, große Hunderasse gehalten haben und sich damit gut auskennen, spricht im Grunde nichts dagegen, wenn Sie auch im Alter Ihren Lieblingshunden treu bleiben – wie einen Berner Sennenhund, einen Leonberger, einen Bernhardiner oder auch einen Schäferhund. Wichtig ist, dass Sie genug Platz zu Hause haben und naturnah wohnen, sodass Sie zwischendurch immer mal wieder für einen kurzen Spaziergang nach draußen gehen können. Für Senioren weniger gut geeignet sind sehr aktive, bewegungsfreudige Hunde wie Border Collie, Australian Shepherd oder Jagdhunderassen. Mittelgroße und kleine Gesellschafts- und Begleithunde sind für alte Menschen auch mit wenig Hundeerfahrung optimal. Dazu gehören zum Beispiel Bichons, Bologneser, Havaneser, Coton de Tuléar und Löwchen. Auch Pudel sind für Senioren gute Begleiter. Wer gern mit seinem Hund spielt, hat an der Französischen Bulldogge seine Freude und findet auch im Mops einen munteren Zeitgenossen. Weitere, für Senioren geeignete Hunderassen sind : Pekingesen, Shi Tzus, Papillons, Japan Chins, Kromfohrländer, Chihuahuas und Cavalier King Charles Spaniel. Einige Terrier wie der Yorkshire Terrier oder der Boston Terrier sind ebenfalls geeignet.
Familie bei der Haustier Pflege mit einbeziehen
„Es ist auch wichtig, die Familie mit einzubeziehen und zu regeln, wer sich um das Tier kümmert, wenn der Besitzer krank wird oder das Katzenstreu nicht mehr nach Hause schleppen kann“, sagt Tünte. Oft kämen Rentner in Begleitung ihrer Kinder, um ein Tier auszusuchen. Ein gutes Zeichen, findet der Tierschützer.
Tipp:
Gerade ältere Tierbesitzer sollten sich darüber Gedanken machen, was mit ihrem Hund oder Meerschweinchen passiert, wenn sie vor dem Tier sterben. Im Testament kann genau festgehalten werden, wer sich um das Tier kümmern soll. Darin könne man auch ein Budget für die Tierversorgung bestimmen.
Margot Burgfeld (Name von der Redaktion geändert) war mit einer jüngeren Bekannten ins Tierheim in Köln gefahren, um sich dort einen Hund auszusuchen. „Die im Tierheim dachten wohl, meine Bekannte ist meine Tochter“, erinnert sich die 86-Jährige und grinst verschmitzt. Vorsichtshalber habe sie die Mitarbeiter in dem Glauben gelassen. Schließlich wollte sie Odin, den Jack Russel Terrier, mit nach Hause nehmen. Ein Jahr ist das her. Odin ist jetzt 10 Jahre alt, er hat zwar eine graue Schnauze, ist aber fit wie ein Turnschuh. Zweimal am Tag geht es raus – obwohl sein Frauchen nicht mehr richtig laufen kann. Auf ihre Beine verlässt sich die Seniorin nur noch in ihrem Haus. Draußen öffnet sie per Knopfdruck das Garagentor. Darin stehen zwei Elektromobile, eines mit Dach, eines ohne. Das Wetter ist schön, dann fährt Frau Burgfeld offen. „Es gibt Tage, da ist mir morgens nicht so gut“, erzählt die Kölnerin. Doch der Hund muss raus, da gibt es kein Vertun. „Und komischerweise geht es mir, wenn ich wieder nach Hause komme, meistens wieder gut“, erzählt die Rentnerin.
Welches Haustier für Senioren? Ältere Tiere sind die perfekten Partner
So wie Margot Burgfeld hat sich Birgit Gries (72, Name von der Redaktion geändert) mit ihrem Mann Jürgen (78, Name von der Redaktion geändert) zusammengesetzt und erst einmal besprochen, ob man sich ein Haustier im Alter zulegen sollte. „Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt, ob wir uns in unserem Alter noch ein neues Haustier zulegen können. Erst als unsere Tochter versprochen hat, im Krankheitsfall für den Hund da zu sein, haben wir uns im Tierheim nach einem neuen Gefährten umgesehen“, so die Rentnerin. Sie entschieden sich für die 12-jährige Mischlings Dame Susi. Eine etwas betagte Hündin, die keiner nehmen wollte. „Als unser Hund vor acht Monaten gestorben ist, bin ich in ein tiefes Loch gefallen“, sagt Birgit Griephan. Jetzt durch Susi blühe ich wieder auf. Sie ist für uns zwei genau die richtige Gefährtin. „Halt auch schon was in die Jahre gekommen. Doch durch sie ist mein Leben um vieles reicher geworden“ Es muss ja auch nicht immer ein junges Tier sein, was sich ältere Menschen zulegen können. „In den Tierheimen warten viele ältere Tiere, die in der Regel ruhiger und gelassener sind, auf ein liebevolles Zuhause. Wir raten dazu, diese Tiere kennenzulernen und schauen dann zusammen mit dem Interessenten genau, welches Gegenüber passen könnte“, erklärt Marius Tünte.
Ältere Menschen benötigen ein Tier zum Kuscheln
Vögel oder Kleintiere wie Meerschweinchen oder Kaninchen sind keine „Schoßtiere“. Sie brauchen einen Artgenossen an ihrer Seite und eignen sich eher zur Beobachtung. Die Reinigung ihrer Käfige ist pflegeaufwändig. „Die meisten Senioren suchen, besonders wenn sie allein leben, ein Tier zum Kuscheln“, hat Sabine Löwenstrom, stellvertretende Leiterin des Franziskus-Tierheims in Lokstedt festgestellt. Wer nicht mobil genug für einen Hund ist, findet oftmals Gefallen an einer Katze. „Allerdings vermitteln wir einzeln nur ältere Katzen, die früher bereits allein gehalten wurden.“
Senioren und Haustier zusammen in die Seniorenresidenz! Geht das?
In vielen Pflegeheimen und Seniorenresidenzen sind Haustiere mittlerweile erlaubt. So auch in einer Seniorenresidenz in Hamburg: „Haustierhaltung war bei uns von Anfang an erlaubt und wir haben noch nie schlechte Erfahrungen damit gemacht“, sagt Direktorin Bärbel Eickhoff. Einzige Bedingung des Hauses ist, dass der Bewohner selbst für sein Haustier sorgen kann und für den Krankheitsfall jemanden hat, der sich um die Bedürfnisse des Tieres kümmert. „Die Hunde, Katzen und Vögel sind ein wichtiger Anker im Leben der Senioren, der ihnen Halt und Sicherheit gibt. Den darf man ihnen nicht nehmen. Außerdem bringen die Tiere viel Freude und Gesprächsstoff in unser Haus, sodass alle von ihnen profitieren.“ Pro Jahr landen etwa 30 Hunde und Katzen im Stuttgarter Tierheim, weil ihre Besitzer zu alt sind. Damit Senioren und ihre geliebten Haustiere möglichst lange zusammenbleiben sollen. Dafür setzt sich das Stuttgarter Projekt „Silberpfoten“ ein, das in Berlin mit dem Deutschen Tierschutzpreises 2017 ausgezeichnet worden ist.
Projekt Silberpfote hilft Senioren bei ihren Haustieren
https://www.youtube.com/watch?v=GWdPOvOmxFA Bei dem Projekt „Silberpfoten“ kümmern sich Ehrenamtliche um die Tiere von älteren Menschen. Die Helfer gehen mit Hunden spazieren, wenn es die älteren Besitzer nicht mehr können oder bringen die Katze zum Tierarzt. Auf diese Weise sollen Mensch wie Tier einen schönen Lebensabend haben. „Wir alle werden älter und immer mehr Menschen und damit auch ihre Tiere sind im Alter auf Hilfe angewiesen“, erklärte Marcel Yousef. Der Tierschutzpreis mache das Projekt noch bekannter und sorge vielleicht dafür, dass sich neue ehrenamtliche Helfer melden oder dass diese Idee auch in anderen Städten Nachahmer findet. Denn Tiere sind oft das Letzte, was Senioren haben und niemand sollte im Alter sein Tier abgeben müssen.
Alternativen zum eigenen Haustier für Senioren
Wenn ältere Menschen sich nicht mehr vorstellen können ein eigenes Haustier zuzulegen, so gibt es Alternativen. Oft suchen die Tierheim Ehrenamtliche, die mit ihren Vierbeinern Gassi gehen. Hier sind auch ältere Menschen, Tierliebhaber mit Handicap und Interessierte ohne Vorerfahrung mit Hunden willkommen. Vor dem ersten Einsatz erhalten die Ehrenamtlichen eine Schulung durch erfahrene Hundetrainer. „Unsere aktivste Gassigeherin ist 80 Jahre alt“, erzählt Sven Fraaß, der im Hamburger Tierschutzverein die Ehrenamtlichen betreut. „Gerade Senioren, die früher Hunde gehalten haben, möchten dieses Lebensgefühl nicht missen. Ich habe bei den Einsätzen schon viele ältere Leute aufblühen sehen. Und manch einer hat sein Herz an einen älteren Hund verloren, den er schließlich adoptiert hat.“ Darüber hinaus bieten viele Tierheime Patenschaften an. Diese beinhalten finanzielle Unterstützung, oft aber auch Kontakt zum Tier. Willkommen ist auch ehrenamtliche Hilfe. Häufig sind Tierheime auch auf der Suche nach Pflegeplätzen. Voraussetzungen sind genügend Platz und Zeit. Eine andere Möglichkeit für Senioren ist, Tiersitter zu werden. Viele Menschen freuen sich, wenn jemand ihren Hund oder ihre Katze betreut, während sie im Urlaub oder tagsüber im Büro sind. Im Internet gibt es Plattformen. Auch Nachbarn und Bekannte sind oft froh, wenn sie ihr Tier mal abgegeben können.