Nach einem Krankenhausaufenthalt kann es vorkommen, dass die Versorgung zuhause nicht gewährleistet ist. Manchmal sind Menschen nach einer OP nicht in der Lage, gleich wieder nach Hause zurückzukehren. Wussten Sie, dass Sie in solchen oder ähnlichen Lagen Anspruch auf Kurzzeitpflege auch mit fehlender Pflegebedürftigkeit haben? Welche Voraussetzungen Sie für die Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad erfüllen müssen und was Sie bei den Kosten besonders bedenken müssen erfahren Sie hier.
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ToggleKurzzeitpflege ohne Pflegegrad nach einem Krankenhausaufenthalt
Es gibt Fälle, in denen Menschen vorübergehend Pflege benötigen, ohne dass eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung vorliegt. um Beispiel nach einer Operation oder aufgrund einer akuten Verschlimmerung einer Erkrankung, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung. Vor ein paar Jahren hatten Patientinnen und Patienten hierbei keinen Anspruch auf gesetzliche Leistungen. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz ist diese Versorgungslücke seit 2016 geschlossen.
Was ist Kurzzeitpflege bzw. Übergangspflege?
Patienten, die wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach
- einem Krankenhausaufenthalt,
- einer ambulanten Operation oder
- einer ambulanten Krankenhausbehandlung
ihren Haushalt nicht weiterführen können oder pflegerische Maßnahmen benötigen, haben mit Inkrafttreten den Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) seit dem 1.1.2016 Anspruch auf eine Haushaltshilfe für bis zu
- 4 Wochen auch ohne Kind im Haushalt und
- 26 Wochen mit Kind unter 12 Jahren im Haushalt
- und häusliche Krankenpflege mit Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung bis zu 4 Wochen.
Wie lange kann Kurzzeitpflege auch ohne Pflegegrad beansprucht werden?
Der Anspruch kann bis zu vier Wochen je Krankheitsfall bestehen und von der Krankenkasse in begründeten Ausnahmefällen nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes verlängert werden. Befinden sich Kinder im Haushalt, die bei Beginn der Leistung jünger als zwölf Jahre sind, oder Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind, kann die Haushaltshilfe auf bis zu 26 Wochen verlängert werden. Reichen diese Leistungen nicht aus, können Versicherte eine Kurzzeitpflege als neue Leistung der gesetzlichen Krankenkassen in einer geeigneten Einrichtung für bis zu acht Wochen je Kalenderjahr in Anspruch nehmen. Die Krankenkasse beteiligt sich an den Kosten für Pflege, Betreuung und Behandlungspflege.
Tipp:
Falls keine Besserung eintritt, sollten Sie überlegen, ob Sie vielleicht doch besser einen Pflegegrad beantragen.
Wer hat Anspruch auf Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit?
Bei schwerer Krankheit oder akuter Verschlimmerung, zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt, einer ambulanten Operation oder einer ambulanten Krankenhausbehandlung, kann Kurzzeitpflege auch bei fehlender Pflegebedürftigkeit beantragt werden. Die Übergangspflege bei fehlendem Pflegegrad hilft Patienten, wenn eine Krankenhausbehandlung nicht mehr nötig, eine Versorgung zu Hause aber noch nicht möglich ist. Es darf keine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung vorliegen. Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung liegt vor wenn die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.
Tipp:
Patienten, die bereits einen Pflegegrad haben, können zum Beispiel auch dann eine Kurzzeitpflege erhalten, wenn die Pflegeperson für sich selbst einmal eine Auszeit benötigt und Urlaub von der Pflege macht. Mehr Infos finden Sie dazu hier: „Urlaub für pflegende Angehörige – Bezahlter Sonderurlaub“
Für wen ist Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit geeignet?
Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit wird nur genehmigt, wenn die oben genannten Kriterien erfüllt sind. Dann aber ist diese besonders geeignet für Personen:
- die alleine leben
- wo keine Betreuung im häuslichen Umfeld möglich ist.
- wo Angehörige die Betreuung nicht übernehmen können
- die ihren Partner pflegen aber aufgrund einer schweren Krankheit selbst für eine vorübergehende Zeit pflegebedürftig werden.
Wie kann ich Übergangspflege auch ohne Pflegestufe beantragen?
Um Übergangspflege auch ohne Pflegestufe genehmigt zu bekommen, benötigen Sie eine ärztliche Bescheinigung. Mit dieser können Sie dann die Leistung für die Übergangspflege bei Ihrer Krankenkasse beantragen, auch wenn keine Pflegestufe vorliegt. Bei Personen, die nach einem Krankenhausaufenthalt zur Übergangspflege in ein Pflegeheim übergeben werden, wird oftmals schon vom Entlassmanagement des Krankenhauses der Antrag auf Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit gestellt. Mehr zu den Aufgaben des Entlassmanegements finden Sie in diesem Artikel: „Das Entlassmanagement im Krankenhaus – Was regelt das alles“ Die Übergangspflege ohne Pflegegrad muss bei der Krankenkasse beantragt werden. Ihre Krankenkasse kann Ihnen telefonisch Auskunft geben, ob Sie ein spezielles Formular benötigen oder ob Sie einen Vordruck sogar aus dem Internet herunterladen können.
Wichtiger Hinweis zur Kurzzeitpflege ohne Pflegestufe:
Viele Patienten wissen nicht, dass sie einen hohen Betrag aus eigener Tasche bezahlen müssen. Weil es sich um eine ärztlich verordnete Leistung handelt, denken sie, die Kosten würden von der Krankenkasse übernommen. Der Eigenanteil kann am Ende sehr hoch ausfallen.
Wie hoch sind die Kosten für die Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad?
Es besteht für diese Zeit der gleiche Anspruch wie bei Menschen mit einem Pflegegrad. Die Krankenkasse gewährt einen Zuschuss von bis zu 1.612 Euro pro Kalenderjahr für die kurzzeitige Pflege in einem Heim. Aber Achtung, der Anspruch darauf ist schnell aufgebraucht. Darüber hinaus müssen alle weiteren Kosten für die Kurzzeitpflege zum Beispiel für Unterkunft und Verpflegung von Ihnen selbst getragen werden. Das kann teuer werden. Da die Kosten für eine solche Pflege von Pflegeeinrichtung zu Pflegeeinrichtung unterschiedlich sind, lässt sich nicht genau definieren, wie teuer eine Kurzzeitpflege ist. So kann es einem ergehen wie Herrn Dieter Bellgardt, der nicht schlecht staunte, als er nach der Kurzzeitpflege die Rechnung erhielt. Herr Bellgradt hatte sich bei einem Sturz im September 2018 einen Bänderriss zugezogen. Er musste operiert werden und wurde nach acht Tagen wieder entlassen. Weil ihn seine Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht pflegen konnte, entschied er sich, bis zum Antritt der Reha in die Kurzzeitpflege zu gehen. Vier Wochen wurde er in der Einrichtung gepflegt. Trotz ärztlicher Verordnung musste er über 1600 Euro aus eigener Tasche bezahlen. Derzeit beträgt der Tagessatz für einen Kurzzeitpflegeplatz je nach Pflegeaufwand zwischen 63 Euro (Pflegegrad 2) und 92 Euro (Pflegegrad 5). Die Preise sind bundesweit sehr unterschiedlich, in Bayern liegen sie deutlich darüber. Bellgardt wurde nach Pflegegrad 2 abgerechnet. Die Einrichtung in Ingolstadt erhob einen Tagessatz von 77 Euro. Die von der Krankenkasse bereitgestellten 1612 Euro waren also bereits nach drei Wochen aufgebraucht. Zu den Pflegekosten kommen die sogenannten Hotelkosten für Unterkunft und Verpflegung sowie mögliche Investitionskosten hinzu. Hier liegt der Tagessatz bei etwa 35 Euro, das Heim in Ingolstadt berechnete 38 Euro. Diesen Betrag muss der Versicherte komplett selbst tragen. Ein Tag in der Ingolstädter Kurzzeitpflege kostete also insgesamt 115 Euro. Eine Woche Pflege zuzüglich vier Wochen Hotel- und Investitionskosten kosteten ihn am Ende über 1600 Euro.
Die Kosten für die Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad von Dieter Bellgardt
An dem Beispiel von Herrn Bellgardt sehen Sie was Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad kosten kann.
Leistung | Tage | Einzelpreis | Gesamtpreis |
1. Zuzahlung Pflegekosten | |||
Pflegekosten | 28 | 77 € | 2.156 € |
Abzüglich Erstattung durch Krankenkasse (Stand 01/2017) | 28 | – 1.612 € | |
Gesamt: Zuzahlung Pflegekosten privat | 544 € | ||
2. Kosten, die nicht von der Kasse bezahlt werden | |||
Kosten Zimmer + Verpflegung | 28 | 38 € | 1064 € |
Gesamt: Zusätzliche Kosten | 1.064 € | ||
Gesamtkosten Kurzzeitpflege für 28 Tage | 1.608 € |
VdK fordert überschaubare Kosten für die Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad
Für Rentnerinnen und Rentner, die nur niedrige Einnahmen haben und nicht auf Ersparnisse zurückgreifen können, besteht die Möglichkeit, beim zuständigen Bezirk einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen. Dies sollte noch vor dem Beginn der Kurzzeitpflege erfolgen. Der Bezirk übernimmt dann, wie bei der Hilfe zur Pflege, den Eigenanteil des Patienten. Alle anderen Versicherten müssen selbst bezahlen. Nicht umsonst kritisiert der Sozialverband VdK diese Situation: „Es darf nicht sein, dass Versicherte durch Zuzahlungen an die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit gebracht werden“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Bentele fordert die Bundesregierung auf, ihre Gesundheitspolitik so zu gestalten, dass die Genesung eines Menschen nicht mehr von dessen Geldbeutel abhängt. „Die Belastung der Patienten muss ein Ende haben. Gesundheit muss für alle Menschen bezahlbar sein.“
Fazit zu den Kosten für die Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad
- Die Kosten für die Kurzzeitpflege trägt anteilmäßig die Krankenkasse in Höhe des gesetzlich geregelten Pflegezuschusses.
- Den Rest muss der Patient selbst bezahlen.
- Sollte der Patient nicht in der Lage sein, die restlichen zu bezahlenden Kosten selbst zu tragen, kann unter Umständen über das Sozialamt eine weitere Bezuschussung ermöglicht werden.
Verwandte Leistung der Kurzzeitpflege: Die Häusliche Krankenpflege
Im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung kann anstelle der Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit auch Häusliche Krankenpflege geleistet werden. Die Leistungen Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit sowie häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe nach einem Krankenhausaufenthalt werden zusammen auch als “Leistungen der Übergangspflege” bezeichnet. Mehr Infos zur häuslichen Krankenpflege finden Sie in diesem Artikel: „Unterstützungspflege: Hilfe im Haushalt für alleinstehende Patienten“
Gesetzliche Regelung
Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad: Der Anspruch auf Übergangspflege für Personen die nicht dauerhaft pflegebedürftig sind, ist im Krankenhausstrukturgesetz im § 39c SGB V geregelt. Die korrekte Bezeichnung lautet „Kurzzeitpflege bei fehlender Pflegebedürftigkeit“ Kurzzeitpflege mit Pflegegrad: Diese ist im § 42 SGB XI geregelt.