Fast 270.000 Menschen in Deutschland erleiden pro Jahr einen Hirnschlag. Er ist die dritthäufigste Todesursache in der Bundesrepublik. Für die Betroffenen, die ihn überleben, und deren ganze Familie ist der Schlaganfall ein einschneidendes Erlebnis: Nach einem Schlaganfall ist nichts mehr wie zuvor. Jeder Zweite, der ihn überlebt, wird zum Pflegefall. Für viele aktive Erwachsene und Erwerbstätige bedeutet es danach ein Leben mit angezogener Handbremse zu führen. Aber was tun? Wie Sie bei einem Schlaganfall erste Hilfe leisten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Vor der Ersten Hilfe: Was ist ein Schlaganfall?
Der Schlaganfall ist eine plötzliche Durchblutungsstörung im Gehirn. Er wird auch Apoplex oder Apoplexie, Gehirnschlag, Hirninsult, apoplektischer Insult oder zerebraler Insult genannt. Schlaganfälle zeichnen sich durch eine massive Fehlfunktion des Gehirns aus, die zu einer andauernden Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen führt. Aufgrund des Sauerstoffmangels kommt es dabei bereits nach zehn bis fünfzehn Minuten zu einem Absterben von Gehirngewebe.
Wie können Sie einen Schlaganfall erkennen?
Einen Schlaganfall erkennen Sie sehr oft daran, dass der Betroffene akute Schwäche, Taubheits- und Lähmungsgefühle in einer Körperseite aufweist. Zu den häufigsten Anzeichen eines Schlaganfalls gehört ein akut auftretendes Lähmungs-, Schwäche- oder Taubheitsgefühl auf einer Körperseite. So kommt es bei einigen Betroffenen zu
- herabhängenden Mundwinkeln oder Augenlidern,
- gelähmten Armen oder
- eingeschlafenen Füßen
Auch plötzliche Sehstörungen sind häufige Schlaganfall-Symptome: Die Betroffenen berichten von:
- Doppelbildern, die sie sehen.
- einem verkleinerten Gesichtsfeld
- einem verschwommenen Bild oder
- dem gänzlichen Verlust ihrer Sehkraft
Ferner können Sie auch einen Schlaganfall an folgenden Anzeichen erkennen:
- allgemeines Schwächegefühl
- Bewusstseinsstörungen
- Empfindungsstörungen
- Kopfschmerzen
- starkes Schwindelgefühl
- Sprachstörungen
Die ersten Vorboten eines Schlaganfalls
Ein Hirnschlag tritt schlagartig, also plötzlich auf. Nichtsdestotrotz konnten Mediziner nachweisen, dass sich bei einem Drittel der Patienten ein Schlaganfall durch eine transitorische ischämische Attacke (TIA) ankündigt. Diese führt zu einem zeitlich begrenzten Auftritt der typischen Symptome eines Schlaganfalls. Die Betroffenen leiden dabei für ca. 24 Stunden unter Lähmungen, Sprach-, Empfindungs-, Bewusstseins- oder Sehstörungen. Im Gegensatz zu einem echten Schlaganfall verschwinden die Symptome allerdings wieder. Jeder Schlaganfall ist ein Notfall, der einer umgehenden Behandlung bedarf. Aber wie soll man bei einem Schlaganfall reagieren? Bereits bei einem bloßen Verdacht sollte sofort ein Notarzt gerufen werden. Dieser überprüft zunächst die Vitalfunktionen des Patienten. Sofern der Patient ansprechbar ist, erfragt der behandelnde Arzt die aufgetretenen Symptome. Im Krankenhaus sind Neurologen für die Behandlung von Schlaganfallpatienten zuständig.
Was tun? Schlaganfall erkennen und reagieren: Erste Hilfe leisten mit dem FAST-Test
Face (Gesicht) Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin. Arme Kann die Person die Arme nach vorne strecken und dabei die Handflächen nach oben drehen? Sprache Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor. Time (Zeit) Zögern Sie nicht, wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern Sie die Symptome.
Erste Hilfe Maßnahmen bei einem Schlaganfall
Jeder Schlaganfall ist deshalb ein Notfall und es zählt buchstäblich jede Minute. Auf jeden Fall sollte die Akutbehandlung innerhalb der ersten drei Stunden beginnen. Denn nur in den ersten drei Stunden sind die Chancen groß, die Folgen eines Schlaganfalls zu minimieren. Ein Schlaganfall-Patient sollte so schnell wie möglich in ein Krankenhaus mit Schlaganfall-Expertise gebracht werden. Die erste Zeit nach einem Schlaganfall entscheidet über das Ausmaß der Zellschäden im Gehirn. Daher ist es besonders wichtig, sofort den Notruf 112 zu wählen. Jede Minute zählt!
Erste Hilfe Maßnahmen bei Verdacht auf Schlaganfall
Wenn Sie einen Schlaganfall erkennen bewahren Sie zunächst Ruhe und helfen Sie dem Betroffenen Schlaganfall-Patienten mit folgenden Erste Hilfe Maßnahmen:
- Wählen Sie den Notruf 112. Äußern Sie Ihren Verdacht auf einen Schlaganfall.
- Lassen Sie den Betroffenen nach Möglichkeit nicht allein. Beruhigen Sie ihn und signalisieren Sie, dass Hilfe unterwegs ist.
- Lockern Sie beengende Kleidung.
- Bringen Sie den Betroffenen bei Bewusstlosigkeit in die stabile Seitenlage.
- Der Oberkörper des Betroffenen sollte bei Bewusstlosigkeit nicht erhöht werden. Eine Erhöhung des Oberkörpers ist nur bei wachen Patienten zu empfehlen.
- Die stabile Seitenlage hält die Atemwege frei. Entfernen Sie gegebenenfalls Zahnprothesen.
- Achten Sie auf die Atmung des Betroffenen und gegebenenfalls auf den Puls.
- Reichen Sie keine Getränke oder Medikamente – eine Schluckstörung könnte vorliegen.
- Bei Herz- oder Atemstillstand: Leiten Sie sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen ein.
- Sprechen Sie umstehende Menschen direkt an und bitten Sie um Hilfe!
- Notieren Sie sich den Zeitpunkt, als die Symptome begannen und die Symptome selbst, dies ist wichtig für den Notarzt
Zögern Sie nicht, rufen Sie sofort die 112 bei einem Schlaganfall und leisten Sie Erste Hilfe
Leider scheuen sich noch zu viele Menschen davor, den Rettungsdienst zu benachrichtigen. Stattdessen hofft man, dass die Beschwerden von alleine wieder verschwinden. Es ist eine trügerische Hoffnung, die viel Zeit kostet und bei einem Schlaganfall schlimme Folgen haben kann. Bedenken Sie, dass sich auch ein zunächst leichter Schlaganfall zu einem schweren Schlaganfall ausweiten kann. Melden Sie der Rettungsleitstelle: „Verdacht auf Schlaganfall”! Und bleiben Sie bei dem Betreffenden und leisten beim Schlaganfall Erste Hilfe.
Die Risikofaktoren für einen Schlaganfall – Das können Sie tun
Ein Schlaganfall kann jeden treffen – vom Säugling bis zum Greis. Grundsätzlich ist der Schlaganfall keine reine “Alterskrankheit”. Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt aber mit zunehmendem Alter. Ursache für einen Schlaganfall können sowohl nicht beeinflussbare wie auch beeinflussbare Risikofaktoren sein. Wichtig zu wissen ist, dass sich die verschiedenen Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder arterielle Verschlusskrankheit gegenseitig beeinflussen können. Im Folgendem sind Faktoren aufgeführt, die sich gut beeinflussen lassen und solche, die schwer oder gar nicht veränderbar sind.
Bluthochdruck
In Deutschland leben nach Schätzungen etwa 35 Millionen Menschen mit Bluthochdruck, aber nur jeder zweite weiß von seiner Krankheit. Dabei zählt ein zu hoher Blutdruck zu den Hauptrisikofaktoren für einen Schlaganfall.
Arteriosklerose
Die Arteriosklerose ist eine Veränderung der Blutgefäße, die durch Ablagerungen von Cholesterin, Blutzellen, Bindegewebe und Kalksalzen in den Arterien, begleitet durch entzündliche Prozesse, verursacht wird. Diese Ablagerungen verändern Struktur und Eigenschaften der Gefäße. In der Folge verringern sich ihr Durchmesser und ihre Elastizität. An den verengten Stellen können sich die Gefäße direkt verstopfen oder es kommt auf Grund von angeschwemmten Gerinnseln zu einem Gefäßverschluss.
Vorhofflimmern
Das Vorhofflimmern ist eine spezielle Form der Herzrhythmusstörung. Es äußert sich durch einen unregelmäßigen Herzschlag und erhöht das Schlaganfall-Risiko massiv.
Diabetes mellitus
Diabetiker haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Schlaganfall-Risiko. Wie beim Bluthochdruck wird die Krankheit oft erst spät entdeckt, denn viele Diabetiker haben zu Beginn ihrer Erkrankung keine Beschwerden.
Fettstoffwechselstörung
Die im Blut zirkulierenden Fette sind lebensnotwendig, denn sie erfüllen in unserem Körper zahlreiche Aufgaben. Sind die Blutfettwerte jedoch zu hoch, kann dies zu einer Verengung der Blutgefäße führen. Das Risiko für einen Schlaganfall steigt. Video: https://www.youtube.com/watch?v=m83C7M2D0K8
Übergewicht
Übergewicht, keine Erkrankung im eigenständigen Sinn, ist aber mit einem erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen verbunden und kann das Schlaganfall-Risiko um das Zwei- bis Dreifache erhöhen.
Bewegungsmangel
Die Schreibtischarbeit, mit dem Auto zur Arbeit, langes Sitzen vor dem Computer oder Fernsehabende auf der Couch – viele von uns sitzen zu viel und bewegen sich zu wenig. Mit fatalen Folgen! Denn Bewegungsmangel begünstigt die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall.
Rauchen
Vielen Studien zeigen, dass Raucher ein doppelt so hohes Erkrankungsrisiko für einen Schlaganfall haben wie Nicht-Raucher. Denn Zigarettenrauch enthält über 250 schädliche und krebserregende Stoffe.
Alkoholkonsum
Weit verbreitet ist die Meinung, dass ein Gläschen in Ehren der Herz-Kreislauf-Gesundheit nicht schaden kann. Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass der leichte Alkoholkonsum mit einem etwas geringeren Risiko für einen Schlaganfall verbunden sein kann. Dies gilt aber nur für den Hirninfarkt, also den Schlaganfall, der durch mangelnde Durchblutung der Hirngefäße entsteht. Das Risiko für eine Hirnblutung wird jedoch mit jedem Tropfen Alkohol erhöht.
Stress
Geringe Mengen und kurzzeitiger Stress sind nicht schädlich, sondern sogar lebensnotwendig, um in bestimmten Situationen besser reagieren zu können. Chronischer Stress kann allerdings zur Gefahr werden, besonders, wenn er zu einer negativen Dauerbelastung wird.
Diese Risikofaktoren können Sie selber nicht beeinflussen
- Vererbung
- Lebensalter (Das Schlaganfall-Risiko steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an)
- Geschlecht (Männer haben ein deutlich höheres Schlaganfall-Risiko als Frauen)
Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall
In der Rehabilitationsklinik erwartet den Betroffenen eine multidisziplinäre Behandlung, die sich auf seine individuellen Bedürfnisse einstellt. Um die Folgen möglichst gering zu halten, sind eine intensive Rehabilitation und Nachbehandlung für alle Patienten essenziell. „Die Betroffenen tun sich am leichtesten, wenn sie das Rehabilitationsprogramm mitgestalten, eigenverantwortlich mitarbeiten und realistische Ziele formulieren«, sagt Professor Dr. Michael Jöbges von der Brandenburgklinik Berlin-Brandenburg GmbH in Bernau bei Berlin. „Man kann nicht wieder zum Gehen massiert werden“, sagt Joebges. Sein Tipp: persönliche Ziele setzen. „Wer beispielsweise in einer Wohnung im ersten Stock lebt, kann es sich zum Ziel machen, wieder Treppen steigen zu können.“ Bei halbseitigen Lähmungen (Hemiplegie) ist seit mehr als 70 Jahren das Bobath-Konzept weltweit etabliert. Es wurde in den 1940er-Jahren entwickelt zur Behandlung von Menschen, die infolge von Schädigungen im zentralen Nervensystem halbseitig gelähmt sind. Ziel ist es, dass der Patient so viel Selbstständigkeit wie möglich erreicht und mit seinen Einschränkungen zu leben lernt. Dabei berücksichtigt das Konzept seine körperliche, soziale, emotionale und berufliche Situation.
Nach der Klinik: Wie geht es weiter? Leben mit Schlaganfall
Mit viel Disziplin, Durchhaltevermögen und der Unterstützung ihres Umfeldes gelingt es den meisten Schlaganfall-Patienten, wieder zu einer guten Lebensqualität zurückzufinden. Dennoch sollten Betroffene und ihre Angehörigen in Gesprächen mit den Ärzten und Therapeuten vor der Entlassung aus der Klinik eine ehrliche Einschätzung der Situation vornehmen. Dabei gilt es, Antworten auf drängende Fragen zu finden, wie zum Beispiel:
- Welche Reha-Maßnahmen sollen nach der Entlassung aus der Klinik weitergeführt werden? Was kann der Hausarzt tun, was können Angehörige und Freunde leisten?
- Ist der Betroffene schon wieder so selbstständig, dass er in seine alte Wohnung zurückkehren kann?
- Welcher Pflegedienst eignet sich gegebenenfalls für seine Betreuung?
- Wie könnte die Wohnung der neuen Situation angepasst werden?
- Welches Pflegeheim käme vorübergehend oder auf lange Sicht infrage?
Zurück in den eigenen vier Wänden
Während in der Klinik Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte für die nötige Sicherheit gesorgt haben, ändert sich die Situation mit der Rückkehr in die eigenen vier Wände meist völlig. Die Wohnung sollte deshalb dem Betroffenen und seinen möglichen Behinderungen angepasst werden. Wie Sie die Wohnung anpassen können, erfahren Sie in diesem Artikel: „Altersgerecht wohnen – zu Hause alt werden statt Heim“ Wenn Sie die Wohnung entsprechend umbauen müssen, könne Sie auch Zuschüsse von der Pflegekasse bekommen. Mehr dazu finden Sie in diesem Artikel: „Zuschüsse Pflegekasse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“ Sprechen Sie als Angehöriger gegebenenfalls schon in der Klinik die Mitarbeiter des Sozialdienstes auf dieses Thema an.